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Vom Grenzgänger Heinz

9. Juli 2019

Am Bahnhof Bukarest Nord steige ich zusammen mit meiner Tochter Franziska in den Nachtzug nach Wien ein. Mit uns zusammen eine Gruppe Studentinnen aus Lausanne, mit dabei eine rumänische Studentin, die mich erstaunt fragt, aus welchem Teil des Landes ich wohl komme – wegen meinem Akzent in der rumänischen Sprache. Als ich sage, ich sei Schweizer, will sie es kaum glauben.

Wie kommt es dazu? Im Jahr 1980 wurde ich angefragt, ob ich nicht einen Einsatz für die Osteuropa-Mission (OEM) machen möchte. Ich sagte spontan zu und arbeitete drei Monate in Wien, von wo aus wir Christen im Ostblock besuchten und sie auch mit christlicher Literatur hinter dem Eisernen Vorhang versorgten. So kam ich ein erstes Mal nach Rumänien.

Weil ich auch alle möglichen elektrischen Installationen in Wien auf Vordermann brachte, wurde ich angefragt, ob ich noch einen Einsatz in Somalia anhängen möchte. Der Ogaden-Krieg verursachte viele Flüchtlinge aus dem äthiopischen Ogaden-Gebiet, welche in Somalia Zuflucht suchten. So kam ich auch in Kontakt mit der dortigen Bevölkerung und ihren Problemen.

Eigentlich wollte ich schon mal einen sozialen Einsatz machen, stellte mir aber eine Tätigkeit in der Schweiz vor, aber Gott schickte mich immer wieder an einen Ort, wo ich nie hin wollte.

Nach der Wende arbeitete ich wieder im Embraport, bei Kühne & Nagel, Gebrüder Weiss und dann bei den SBB. Als Kathi Bünger, die Pfarrerin von Oberembrach am Sonntag in der Kirche erzählte, dass in Debrecen eine Menge Flüchtlinge aus Rumänien Kleider etc. benötigten und ein Pfarrkollege der dortigen Kirche sie um Hilfe bat, war das Pfarrhaus von Pfr. Winter am Montag bereits voll mit Kleiderspenden und wir verluden zwei Sattelschlepper voll mit Kleidern nach dem Osten. Die nötigen Dokumente erstellte die Osteuropa-Mission. Später arbeitete ich bei der SBB im Embraport und die Bahnen boten an, Hilfsgüter gratis nach Rumänien zu transportieren. In dieser Zeit half ich praktisch in der ganzen Schweiz beim Abfertigen von Hilfsgütertransporten. Es kam vor, dass der Zollinspektor zusammen mit dem Missionsleiter auf die Bahnhöfe ging und die Transporte kostenlos abfertigte.

Wir unternahmen später selber Reisen in den Osten, indem Jugendliche vom CEVI etc. einen Lastwagen beluden und als Gruppe begleiteten, um Hilfe vor Ort zu leisten und die Sachen zu verteilen.  Bei so einer Reise wurde uns leider der VW-Bus vom Altersheim in Budapest entwendet.

Rumänisch ist eine lateinische Sprache und so entschloss ich mich, hier mal die Grundlagen dieser Sprache zu lernen. Französisch brauchte ich bei der Arbeit regelmässig und so fiel mir das nicht so schwer. Jemand hat im Norden von Rumänien die Adresse der OEM verteilt und so wurde diese von Bettelbriefen überschwemmt, welche ich dann zur Übersetzung erhielt. Die reformierte Kirchgemeinde Embrach-Oberembrach gab uns einen grösseren Betrag und so gingen wir in die Gegend um vor Ort zusammen mit Mitarbeitern der OEM Abklärungen zu treffen. So konnte z.B. eine Herzoperation bezahlt werden und verschiedene Familien wurden ins Kindersponsorprogramm der OEM aufgenommen. Die Familie von Geanina (Dediu > Plesca) war auch dabei und weil Geanina und Franziska beide in die 3. Klassen gingen, entwickelte sich eine Brieffreundschaft zwischen den beiden. Franziska begleitete mich auch mehrere Male nach Rumänien, übernachtete auch schon mal in einem Kinderheim und traf sich mit Geanina.

                          

Meine Rumänischkenntnisse verbesserten sich rapide, als Geanina, Tatiana usw. zu mir zu Besuch kamen. In der Zwischenzeit war ich ja im Stiftungsrat der OEM und auch Kirchenpfleger in der ref. Kirche geworden. Mit der Gründung des CEVI Embrach war es wieder eine ähnliche Geschichte wie mit den Reisen nach Afrika oder den Ostblock. Vom Durchgangszentrum (DZ) Embrach erhielten die Kirchen die Anfrage, ob wir nicht ein Kinderprogramm für die vielen bosnischen Flüchtlingsfamilien anbieten könnten und so fanden dann CEVI-Nachmittage im Durchgangszentrum statt und somit mein erster Kontakt mit dieser Einrichtung. Später lud mich dann Franziska einmal ein, ins DZ zu kommen (die Kirchen konnten in dieser Zeit immer wieder Programme im DZ durchführen), und so kam ich wieder in Kontakt mit Leuten aus Ostafrika, Afghanistan, usw. Als ich Chef in Bülach war, sollten alte Bahnwagen verschrottet werden, welche ich dann davor bewahren konnte. In der Zwischenzeit hatten wir auch das Hilfsgüterlager am Bahnhof Bülach und so dienten diese auch diesem Zweck. Ich kam dann auch auf die Idee, Lager darin zu veranstalten und zu diesem Zweck wurden wie Wagen in den Wald auf dem Schwenkelberg gefahren. Später wurde einmal ein Pfingstlager am Bahnhof Embrach durchgeführt und da blieben dann zwei Wagen stehen.

                  

Peter Caley hat mal davon gepredigt, dass der Weg durchs Leben zu Gott oft einem Labyrinth gleicht und nicht direkt, geradeaus geht. Oder dass es sich um ein Puzzle handelt, deren Teile zusammenpassen und irgendwann ein Bild ergeben. Das passt sehr gut zu dieser Geschichte.

Ich habe jetzt Kontakt zu Christen ganz verschiedener Konfessionen, Traditionen, Nationalitäten etc. welche alle als gemeinsamen Nenner Jesus Christus als Chef haben und bestimmte Dinge sehr verschieden sehen. Auch habe ich freundschaftliche Kontakte zu Moslems. Diese wissen, dass ich praktizierender Christ bin und schätzen das. Mich hat’s ja auch noch in ein Heim für gehörlose und Taubblinde in Jordanien verschlagen, das christlich geführt, aber auch für Moslems offen ist.

Ich möchte mit einer Aussage von Teresa Zukic schliessen (katholische Nonne) welche schrieb, dass wenn Gott etwas will, dann bewirkt ER es. Wir müssen nur bereit sein, den Acker zu pflügen und auszusäen.

Heinz Rüegg

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