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„So bin ich hängengeblieben“

27. April 2019

Seit 1997 wohnt sie in Embrach, die englischsprachige Ghanaerin Angie mit methodistischen Wurzeln. Die Kapelle der EMK war ihr längst aufgefallen, und es faszinierte sie, was sich wohl hinter der Aufschrift ‚Evangelisch-methodistische Kirche‘ verbirgt. Einmal ging sie vorbei und stand vor verschlossenen Türen, getraute sich aber nicht zu klingeln. An Sonntagen besuchte sie eine Gemeinde in Wallisellen, wo alles auf englisch übersetzt wurde und sie etliche Leute kennengelernt hatte.

Im Laufe der Jahre hatte sie sich bereits mehrerer Rückenoperationen unterziehen müssen, im Jahr 2014 waren es gleich zwei. Und trotzdem, oder gerade deshalb, konnte sie sich nicht schmerzfrei bewegen – Schmerzen waren ein ständiger Begleiter. Auch der Gottesdienstbesuch in Wallisellen war sehr ermüdend. Darum blieb sie zu Hause und sah sich einen Gottesdienst im Fernsehen an. Doch die lebendige Interaktion einer Gemeinschaft vermisste Angela sehr, und deshalb fand sie Sonntage deprimierend. Wer in Embrach wohnt, kommt aber öfters an der EMK-Kapelle vorbei, so auch Angie unter der Woche. Da hörte sie immer wieder in sich die Frage: „Warum gehst du nicht dorthin?“

Die fremde deutsche Sprache war natürlich ein Hinderungsgrund. In den kirchlichen Anzeigen im Mitteilungsblatt fürs Embrachertal sah sie den Namen der damaligen Lokalpastorin Monika Zolliker – und dachte: „Eines Tages gehe ich hin.“ Die innere Stimme wurde immer drängender: „Melde dich dort!“ Und so kam der Tag, an dem ich schliesslich anrief – in der Hoffnung, es würde niemand abnehmen. Doch Monika war am Apparat – und so freundlich. „Wie lange dauert euer Gottesdienst?“ fragte Angela – „sitzen kann ich nicht lange.“ Eine Stunde schien nicht übertrieben. So liess sie sich ermutigen, am nächsten Sonntag reinzuschauen, bedauerte aber sofort, dass sie überhaupt angerufen hatte, denn es war noch winterlich kalt und schneite, es sei zu früh, so was zu wagen. Und trotzdem stand sie früher auf, wollte zu Fuss gehen, und liess sich Zeit – 30 Minuten (statt typisch 10 Minuten).

Bald wollte sie umkehren. Im ‚Dreispitz‘ angelangt war ihr schwindelig, sie war müde. Doch ihr voraus ging mit Gehstock ein Hochbetagter (Willi Geyer) ebenfalls im Schneckentempo, was sie davor abhielt aufzugeben. Als sie endlich zur Kapellentür hereinkam, sollte der Gottesdienst anfangen; doch Monika wartete auf sie, und „alle hiessen mich herzlich willkommen“… Nachher hat Denise darauf bestanden, mich nach Hause zu fahren – und wollte mich am folgenden Sonntag holen kommen. Am übernächsten Sonntag würde sie nicht dasein; Vreni und Heinz würden sie abholen und telefonieren. Angie wollte nun ausweichen – würde den Anruf nicht abnehmen. Doch im Migros kam auf einmal frohgemut eine Frau auf sie zu und stellte sich vor: Sie sei Vreni….

„Und so bin ich hängengeblieben!“ Mitentscheidend war freilich die Erfahrung, dass etliche Personen auf englisch mit ihr reden konnten. Und bald kam als Gastprediger ein Brite, wie es ihr Stiefgrossvater gewesen war, der ihr Leben sehr positiv geprägt hatte, und sie wurde zu seinen Gottesdiensten in englischer Sprache in Winterthur gefahren…. Als Monika ihren Dienst als Pastorin beendete, war sie sehr traurig. Doch dann hat sie Interimspastorin Andrea viel besucht. Und schliesslich kam – als Gebetserhörung für Angie – jener Brite als neuer Pfarrer.

Angelas britischer Stiefgrossvater hat ihr Leben nicht zuletzt dadurch geprägt, dass er immer offene Arme für sie hatte, als sie ein Kind war. Als eine, die so herzlich umarmt wurde, ist sie schon in jungen Jahren frei und fähig geworden, andere herzlich zu umarmen. Das tut sie auf stimmige Weise in unserer Gemeinde, ganz spontan und inklusiv. Was uns allen sehr gut tut. Das ist eine Begabung und darum auch ein Segen, ein Dienst an der Gemeinde – eine Art Berufung. Singen kann sie auch gut, ob laut oder leise. Hörst du jemanden bei uns irgendwo in einer Ecke singen, ist das vermutlich Angie. – Übrigens wird sie In Wallisellen sehr  vermisst!  (26.04.2019 / pgac)